Arbeitswelt und Gewerkschaften:
Es ist kein Zufall, dass der Bundesjugendausschuss des DGB Tel Aviv als Tagungsort wählte. Damit wurde ein Zeichen der jahrzehntelangen Verbundenheit zwischen der deutschen und der israelischen Gewerkschaftsbewegung gesetzt. Genau vor 60 Jahren fand die erste offizielle Jugendbegegnung zwischen DGB und Histadrut statt. Inzwischen nutzten tausende junge Kolleg_innen die Möglichkeit an den zahlreichen Delegationen und Begegnungsmaßnahmen teilzunehmen. Die Beziehungen basieren seit damals bis heute auf dem Vermächtnis der Vergangenheit, der Verantwortung in der Gegenwart, und dem Streben nach einer besseren Zukunft. In einer Deklaration mit dem Titel “Solidarität für immer”, betont die DGB-Jugend die Besonderheit der Beziehungen zwischen den Arbeiterbewegungen beider Länder.
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Gesellschaft und Politik:
In der Auseinandersetzung um die von der Regierung geplanten Justizreform, in der viele einen Versuch sehen, die demokratische Gewaltenteilung zu untergraben, schaltete sich nun auch die Histadrut ein. Nachdem Vorsitzender Arnon Bar-David wochenlang zu konstruktivem Dialog zwischen allen Teilen der israelischen Gesellschaft aufrief, reagierte er auf Netanyahus Weigerung, die Reform zumindest bis aufs Weitere einzufrieren, mit einem, gemeinsam mit den Arbeitgebern, durchgeführten Generalstreik. Ein Tag reichte, um das Blatt zu wenden – noch am selben Abend des 27.März, erklärte der Premierminister das vorläufige Aus für diese höchst umstrittene Reform, die in breiten Teilen der Bevölkerung auf großen Widerstand stieß, und die israelische Gesellschaft zu zerreißen drohte. Die Initiative der Histadrut stieß auch international auf großes Interesse und zeigte erneut, welche wichtige Rolle Gewerkschaften bei der Bewahrung von Demokratie einnehmen können und sollen.
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Gedenken und Vermächtnis:
Israel begeht in diesen Wochen Tage des Trauerns und der Freude. Am Yom Hashoah, dem Gedenken an die sechs Millionen Opfer des Holocaust und an das Heldentum des jüdischen Volkes während dieser Zeit, hüllt sich das Land in einem Schleier der Trauer. Doch dieser Tag steht nicht nur im Zeichen der Ermordeten, sondern er ist auch eine besondere Anerkennung für die rund 151.000 Überlebenden in Israel, deren Zahl leider von Tag zu Tag abnimmt. Dieses Jahr stand dieser emotional aufgeladene Tag im Zeichen von 80 Jahre Warschauer Ghetto-Aufstand. Wie fast überall im Lande führte auch die Histadrut eine bewegende Gedenkveranstaltung vor ihrer Zentrale in Tel Aviv durch. Dabei wurde die besondere Verpflichtung der Gewerkschaftsbewegung im Kampf gegen Hass, Diskriminierung und Vorurteilen und für Gerechtigkeit und Gleichheit betont Link Newsletter English
Genau eine Woche nach dem Holocaust-Gedenktag gibt es zwei aufeinanderfolgende Tage, die, obwohl voneinander untrennbar, in ihrem Charakter unterschiedlicher nicht sein können. Dem Gedenktag an die über 24.000 gefallenen Soldat_innen (), folgt der Unabhängigkeitstag, der mit einer Reihe von offiziellen und privaten Veranstaltungen gefeiert wird. Der plötzliche Wechsel von Trauer zu Freude ist bemerkenswert und so kennzeichnend für die israelische Gesellschaft, die sich auf einer ständigen Achterbahn der Ereignisse und Emotionen zu befinden scheint. Alles Gute zum 75.Geburtstag, Israel.
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Meilensteine der israelisch-deutschen Beziehungen – März-April
1957 – Die erste Delegation des DGB-Bundesvorstandes besucht auf Einladung der Histadrut Israel.
1957 – SPD-Vorsitzender Erich Ollenhauer besucht als erster deutscher Politiker Israel.
1960 – Erste Gruppe von Freiwilligen aus Deutschland in einem Kibbutz.
1960 – Beginn des Eichmann-Prozesses.
1965 – Abstimmung im israelischen Parlament (Knesset) über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der BRD: 66-Ja, 29-Nein, 10-Enthaltungen.
1987 – Erster Staatsbesuch eines israelischen Staatspräsidenten in der Bundesrepublik (Chaim Herzog, der Vater des zurzeit amtierenden Präsidenten Itzhak Herzog).
2008 – Erste gemeinsame deutsch-israelische Regierungskonsultation. Bundeskanzlerin Merkel erklärt in einer Rede vor der Knesset, dass die Verantwortung für Israels Sicherheit für die Bundesrepublik Staatsräson sei.
2023 – Im Rahmen einer Feierstunde in der Zentrale der Histadrut in Tel Aviv, bekräftigt der Bundesjugendausschuss des DGB die Solidarität der deutschen Gewerkschaften mit Israel und der Histadrut.
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Erstellt mit der Unterstützung von Micky Drill, Vertreter der FES in der Histadrut